Der Berg

Heute war der wohl anstrengendste Tag in Seoul, denn wir wanderten auf einen Berg. Mit Muskelkater. Ohje

Heute sind wir besonders früh aufgestanden und haben uns fertig gemacht für die Bergwanderung. Allerdings war das nicht so einfach wie wir dachten, denn “der Berg” ist ein Nationalpark und quasi ein Gebirge mit vielen verschiedenen Eingängen und Wanderwegen.

Aus diesem Angebot das beste herauszufinden erwies sich als schwierig bis nicht machbar. So entschieden wir uns nach einer Weile für einen der höchsten Gipfel des Gebirges, Dobong-san, und für eine Route die nicht allzu lang dauert, auf der wir aber auch Tempel besichtigen können. Denn Tempel auf Bergen sind bekanntermaßen besonders schön.

Als wir uns entschieden hatten, ging es endlich los. Wir packten den großen Rucksack nur mit dem Nötigsten und machten uns auf den Weg. Nur ein kleiner Zwischenstopp um Vorräte zu kaufen, denn ohne Essen und Trinken sollte man sich nicht auf einen Berg bewegen und schon waren wir auf dem Weg mit der U-Bahn direkt zum Berg. Man muss nämlich wissen, dass der Berg direkt an der Stadtgrenze von Seoul liegt und somit wunderbar mit dem U-Bahnnetz erreichbar ist.

Als wir ankamen wurden wir total umgehauen von dem riesigen Angebot an Trekking-Ausrüstung. Es gab etwa 100 Läden die Ausrüstung zum Wandern, Zelten und Bergsteigen anboten und dazu noch unzählbare Straßenhändler. Die restlichen Läden waren Restaurants oder Proviantverkäufer. Außerdem war die Hölle los. Soweit man blicken konnte war alles voll mit Koreanern in den tollsten Wanderoutfits mit Wanderstöcken und Rucksäcken, Thermokleidung, Wanderschuhen und Hüten bestückt, liefen sie im eiligen Tempo dem Berg entgegen. Wir wirkten dabei mit unseren Jeans und Turnschuhen etwas deplatziert.

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Wir ließen uns aber nicht beirren und machten uns frohen Mutes auf dem Parkeingang entgegen. Dort angekommen sahen wir einen Park-Ranger mit Uniform und Ranger-Hut an einem Infostand stehen. Als er bemerkte, dass wir zu ihm herüber sahen, winkte er uns auch direkt heran und half uns fröhlich mit einer Wanderkarte und den nötigen Infos aus. So konnte er uns sagen, wann wir wo abbiegen mussten, wie lange, welches Teilstück etwa benötigt und wann wir wieder hier sein müssten. Wir bedankten uns und machten uns auf den Weg, wohl wissend, dass wir nicht, wie er sagte, in 3,5 Stunden wieder unten sein würden, denn wir hatten ja geplant den ganzen Tag auf dem Berg zu verbringen.

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So ging es dann endlich auf den Berg. Die ersten Meter im Park ging es steil Bergauf und ich dachte, wenn das so weiter geht sind wir in 20 Minuten am Gipfel. Aber da habe ich weit gefehlt. Nach dem der erste Schock in den Beinen überwunden war, konnten wir wunderschöne Natur genießen und einen wirklich tollen Wanderweg. Erst ging es an einem kleinen Bergbach entlang, den der Ranger großzügig „Stream“ nannte und immer wieder über kleine natürliche oder künstliche Treppen weiter nach oben.

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Bald kamen wir auch an einem Hinweisschild an, welches die nächsten Routen in Schwierigkeitsgraden einordnet. Wir hatten ja unsere Karte mit der Route die wir nehmen wollten und staunten nicht schlecht, als diese als für Fortgeschrittene ausgewiesen war. Nichts desto Trotz hielten wir uns aber an den Plan und machten uns weiter Bergauf. Denn wir sollten uns zu einem Tempel hoch kämpfen, bei dem es heiliges Wasser zu trinken gibt, welches einen 100 Jahre länger leben lässt.

Der Weg war beschwerlich und wir mussten uns echt zusammenreißen nicht andauernd eine Pause einzulegen und was zu essen, denn überall auf dem Weg waren kleine Haltebuchten mit Picknicktischen aus Stein gehauen oder auf andere natürliche Art angelegt. Und hin und wieder saßen Koreaner oder andere Touristen und ließen sich bei tollem Ausblick ihr Essen schmecken. Wir hielten aber durch und erreichten bald den Tempel. Bis auf eine kleine Begebenheit bei der uns ein Koreaner zu sich winkte und uns etwas zu essen anbot. Es waren kleine Dinger in Mehl gerollt und irgendwie weich. Keine Ahnung wie die heißen und echt schwer zu beschreiben wie sie schmeckten, aber sie waren ziemlich sättigend. Wir sahen vermutlich ziemlich hungrig aus, aber er wollte wohl auch etwas Gesellschaft und nicht ganz allein auf dem Berg Pause machen. Am Ende als wir uns wieder auf den Weg machen wollten, wollte er noch ein Foto als Andenken von Miley und ihm. So wurde nun jeder von uns einmal von Asiaten fotografiert.

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Die Fotos sprechen glaube ich für sich. Es war atemberaubend. Allein schon weil der Hinweg alles andere als einfach war, aber auch weil wir so tolles Wetter hatten und deswegen einen wunderschönen Ausblick genießen konnten. Natürlich tranken wir auch das Wasser, denn so eine Gelegenheit lässt man sich ja nicht entgehen. Wir trafen eine Tschechin die etwas Deutsch sprach und in Korea Japanische Geschichte studierte und unterhielten uns etwas mit ihr, die Welt ist ein Dorf. Sie warnte uns davor auf den Gipfel zu klettern, da es doch wirklich anstrengend ist.

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Wir machten uns aber dennoch auf den Weg, denn wir sind ja nicht aus Zucker. Aber sie sollte Recht behalten. Der Weg wurde von Minute zu Minute anstrengender und wir mussten wirklich kämpfen, denn mittlerweile hatten wir ein Loch im Bauch. Es war ja auch schon Mittag durch.

Nach einer Weile, über den Dächern des Tempels, fanden wir einen richtig tollen Ort und beschlossen uns nieder zu lassen. Wir aßen unsere Bento-Boxen und machten uns nach einer kurzen  Verschnaufpause wieder auf den Weg, denn es sollte nicht mehr allzu weit sein zur nächsten Station. Einem kahlen Felsen auf dem man eine tolle Aussicht hat und etwas ausruhen kann. Zumindest laut dem Ranger.

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So machten wir uns auf den Weg und stiegen die letzten weiteren Meter empor und kamen an einen Ort den ich so niemals erwartet hätte. Plötzlich standen wir mitten in einem Bergpanorama wie in einer Fototapete. Rundherum war es wundervoll und wir waren so bezaubert, dass wir kaum bemerkten wie gefährlich die ganze Sache langsam wurde. Denn ein falscher Schritt und man wäre mehrere Hundert Meter nach unten gepurzelt.

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Als wir uns dort etwas ausgeruht hatten, stand eine Frage im Raum. Sollten wir weitergehen in Richtung Gipfel, noch etwas verweilen oder umkehren und noch mehr Tempel anschauen. Schließlich waren wir nicht wirklich gut angezogen für den Aufstieg und es graute uns vor dem Abstieg. Es wäre schon empfehlenswert Schuhe mit richtigem Profil in den Sohlen anzuziehen, da die doch etwas besseren Halt geben als Turnschuhe. Wir entschieden uns dafür den Gipfel zu stürmen und im Notfall, sollte der Aufstieg zu schwer werden wieder umzukehren.

Auf dem Weg zum Gipfel stand wieder ein Schild, dass die nächsten Routen in Schwierigkeitsgrade ordnet. Der Weg zum Gipfel war Experten Level und im dunklen Schwarz makiert. Wir machten uns aber dennoch auf dem Weg, mit erhöhter Vorsicht.

Der Weg wurde immer enger, steiler, steiniger und vor allem schwieriger. Es lag Sand auf Felsen und wir kamen immer wieder ins rutschen. Aber wir kämpften uns immer weiter den Berg auf, denn wir konnten die Spitze schon ganz nah vor uns sehen. Nach einer Weile bemerkten wir allerdings, dass die Sonne schon ziemlich tief am Himmel stand und wir zunehmend einsamer wurden auf dem Weg. Es kamen uns nur noch hin und wieder welche entgegen aber hinter uns oder vor uns war plötzlich niemand mehr. Wir schauten auf die Uhr in der Kamera und uns wurde klar, dass es eine dumme Idee wäre weiter zu gehen. Denn sollte die Sonne untergehen solange wir noch nicht wieder auf einer Festen Straße wären, wären wir verloren. Wir hatten keinerlei Licht mit uns, kein Smartphone oder Tablet mit dem wir uns hätten leuchten können und so beschlossen wir, schweren Herzens, umzukehren.

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Aber der Abstieg war trotzdem wunderschön. Im Abendrot und völlig allein, nur vereinzelt überholten uns einige Koreaner. Wir besuchten einen Tempel in dem gerade die Abendandacht der Mönche stattfand, deshalb konnten wir dort nicht allzu viel unternehmen. Und wir trafen einige Koreaner die uns nochmal mit der wunderschönen Aussicht fotografierten. Außerdem fanden wir einen geheimen Ort mit einer wundervollen Aussicht. Wir waren völlig allein und konnten die Abendsonne über den Dächern Seouls genießen.

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Der Tag war ein voller Erfolg.


-Jan

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